Wahrscheinlich ist Aku No Hana der interessanteste Anime diese Saison. Es handelt sich um eine Adaption eines gleichnamigen Mangas von Shūzō Oshimi. Wegen des vielversprechenden Plots habe ich mich schon früh dazu entschieden den Anime zu folgen. Das Setting wird oft mit Nazo No Kanojo X verglichen. Der Mittelstufenschüler Takao Kasuga wird von seiner Mitschülerin Sawa Nakamura bei einer überaus beschämenden Handlung ertappt und wird fortan von ihr erpresst. Aber während es sich bei Nazo No Kanojo X um eine süße Liebeskomödie handelt, ist Aku No Hana ein düsteres Psycho-Drama.
Was die Erzählung für mich sehr spannend gemacht hat, war die Frage was für ein Charakter Nakamura wirklich hat. Ist sie einfach eine üble Sadistin oder hat sie nur ungewöhnliche Wertvorstellungen, durch die sie mit anderen in Konflikt gerät? Die zweite spannende Frage betrifft Kasuga. Eigentlich könnte er Nakamuras Erpressungsversuche sehr einfach abwehren. Sie ist in der Klasse sehr unbeliebt und daher wenig glaubwürdig. Dafür fehlt ihm jedoch die charakterliche Stärke. Wird er durch Nakamuras Manipulationen immer weiter zugrunde gerichtet oder gelingt es ihm reifer zu werden und sich aus der Situation zu befreien?
Bisher sind die ersten beiden Folgen erschienen. Die ersten Reaktionen vielen überwiegend negativ aus. Der Grund dafür war vor allem die ungewöhnliche Animationstechnik Rotoskopie. Es wurden also echte Schauspieler gefilmt und am Computer nachgezeichnet. Es ist bekannt dass die Rotoskopie oft nur sehr schlecht angenommen wird, da diese Technik mit dem Uncanny Valley zu kämpfen hat. Dieser Effekt wurde vom Regisseur Nagahama Hiroshi so beabsichtigt. Ein zweiter Punkt der vielen missfiel ist, das die weiblichen Charaktere weniger attraktiv als im Manga aussehen. Dazu mal kein Kommentar von mir.
Ich muss gestehen, dass mich der Stil in der ersten Episode auch sehr abgeschreckt hat. Es hatte den Eindruck erweckt als wäre der Anime gar nicht fertig geworden und die Produzenten würden die Szenenbücher auf den Markt werfen. In der zweiten Episode konnte ich mich schon besser damit anfreunden. Das lag nicht zuletzt daran das die Stärken der Rotoskopie in der zweiten Episode besser ausgespielt wurden. Die Mimik war detailreicher und viele Bewegungen wirken unglaublich flüssig und natürlich (wobei es leider auch einige Szenen gab für die das nicht zutraf).
Die ersten Episode war eine typische Einführungsepisode, d.h. die Erzählung ist inhaltlich so gut wie nicht vorrangekommen, aber man konnte einiges über die Charaktere erfahren. Man lernt, dass Kasuga ein sehr introvertierter, mittelmäßig begabter Schüler ist, der für seine Klassenkameradin Nanako Saeki schwärmt. Dies aber vor allen anderen geheim hält. Saeki selbst ist eine sehr erfolgreiche und beliebt Schülerin. Im Manga wird sie darüber hinaus als extrem gut aussehend dargestellt. Über Nakamura erfährt man nicht so viel. Es wird noch nicht einmal deutlich, dass sie zum Maincast gehört. Immerhin bekommt man mit, das sie stark gegen die Schule rebelliert, indem sie z.B. in Klassenarbeiten ein leeres Blatt abgibt oder ihren Lehrern schwere Beleidigungen an den Kopf wirft. Jugendliche wie sie sollten Grund genug sein an der Schulplicht zu zweifeln. Keiner gewinnt etwas, wenn man solche Jugendliche dazu zwingt die Schule zu besuchen.
Ab der zweiten Episode beginnt sich die Handlung zu entfalten. Ausgelöst wird die Kette der Ereignisse, die die Erzählung ausmachen, dadurch dass Kasuga die Sportkleidung seines heimlichen Schwarms Saeki stiehlt. Zwar plagen ihm wegen des Diebstahls starke Schuldgefühle, er traut sich jedoch nicht Saeki ihre Kleidung zurückzugeben. Dies wird auch dadurch erschwert, dass um den Diebstahl großes Aufheben gemacht wird. Es gilt als die Tat eines Perversen, der durch die Kleidung sexuelle Erregung erfährt. Saeki leidet daher ihrerseits unter Scham- und Schuldgefühlen.
Um seiner Verzweiflung, seine Schuld nicht wiedergut machen zu können, Luft zu verschaffen, fährt Kasuga mit dem Rat durch die Umgebung und wird dabei von Nakamura abgefangen. Sie eröffnet ihm, dass sie von seinen Diebstahl weiß und verlangt, dass er sie auf die andere Seite der Berg fährt, andernfalls würde sie den Rest der Klasse davon berichten. Für Kasuga ist das zu viel, er läuft schreiend weg.
Am nächsten Tag erwartet Kasuga das schlimmste, aber nichts ist passiert. Nakamura hat geschwiegen. Kasuga wird bald dazu aufgefordert sich mit Nakamura nach der Schule zu treffen. Sie fordert von ihm mit ihr eine Übereinkunft abzuschließen, sie schweigt über sein Vergehen und im Gegenzug, wird dieser „etwas wertvolles“ verlieren. Kasuga lehnt dies jedoch zunächst ab, stattdessen will er Saeki seine Schuld gestehen. Nun hat es Nakamura engagiert, dass kurz darauf Saeki im Glauben, dass Kasagura mit ihr Sprechen will, hinzukommt. Dieser bringt jedoch kein Wort heraus und wird schließlich von Nakamura so gestoßen, dass er mit dem Gesicht auf Saekis Brüste fällt. Nun ist es Saeki, die in Scham davoneilt. Bevor sie sich trennen, verlangt Nakamura von Kasuga ein Essay darüber, was er in diesem Moment fühlt.
Im Hinblick auf unsere Leitfragen steht es also folgender Maßen: Kasuga verhält sich völlig passiv. Statt zu versuchen Herr der Lage zu werden, vergräbt er sich in Selbstmitleid. In dieser Situation ist Nakamura sogar das Beste, das ihm passieren kann. Sicher ist es nicht angenehm von ihr beleidigt und unter Druck gesetzt zu werden. Anderseits ist genau das, was ihm am ehesten dazu bewegt seine Passivität hinter sich zu lassen. Das führt uns zu unserer zweiten Leitfrage, Nakamuras Charakter. Es ist völlig, klar dass sie diese Dinge nicht aus Menschenliebe tut. Ganz im Gegenteil es wird deutlich, dass es Nakamura großes Vergnügen bereitet Kasuga leiden zu sehen. Der Grund dafür, dass sie ihm mehrere Chancen lässt und sogar ein Treffen mit Saeki arrangiert ist, natürlich der, dass sie austestet wie weit sie gehen kann. Wenn es Kasuga noch nicht mal unter den günstigsten Bedingungen schafft, eine Lösung für seine Situation zu finden, wird er es nie schaffen und ist damit Nakamuras Erpressungen völlig ausgeliefert.
Interessanter Weise scheint eine Gewisse sexuelle Zuneigung Seitens Nakamuras zu Kasuga zu bestehen. Das wird in der Fahrradscene deutlich. In dem Moment in dem sie sich zu ihm aufs Fahrrad setzt sucht sie engen Körperkontakt zu ihm. Das war auch einer der Gründe aus dem ich Nakamuras weniger gefälliges Erscheinungsbild begrüße. Wäre sie so attraktiv wie im Mange wäre Kasugas Reaktion wenig verständlich, so ist es jedoch absolut nachvollziehbar, dass er schreiend davon läuft.

Ich finde Nakamuras Lächeln sehr beruhigend. Nakamura lächelt, dann muss doch alles in Ordnung sein, oder?